Contemporary Experimental Theater
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frei nach Un Corpo estraneo von Renzo Rosso [(Triest 15. April 1926 – Tivoli 21. Oktober 2009)]
Wer versteckt sich hinter der Türe?
Während wir die Antwort auf diese Frage suchen, spielen sich vor dieser Türe und vor unseren Augen eine Reihe von lustigen und bissigen Wortwechsel ab. Enthüllt werden dadurch Beziehungen, Lebensereignisse, Konflikte und Geheimnisse einer grotesken Familie, die Ihre „schmutzige Wäsche“ endlich einmal in der Öffentlichkeit waschen wird.
Mit erbarmungslosem Humor werden Ängste, Heucheleien und Egoismen dieses komischen Ensembles unter die Lupe genommen, vergrößert und verzerrt.
Wir werden zu Zeugen eines skurrilen Prozesses, der nach einem angeblichen Mordversuch, den angeblichen Schuldigen feststellen soll.
Was uns unvermeidlich zum Lächeln bringt, zeigt uns gleichzeitig die größte Leere und die kleinkariersteste Banalität dieser Leben.
Die italienische Theatergruppe Primàopoi läßt sich von einem der gelungensten Texte von Renzo Rosso, „Ein fremde Körper“ inspirieren und inszeniert eine Komödie des Böses ab den Themen, die den Autor angeregt haben, aber mit dem Einsatz von neuen Charakteren und Ideen, wie es für die Theater Gruppe Primàopoi schon immer Tradition ist.
[Das Stück trägt konsequent zur langjährigen Forschungsarbeit der Compagnie bei: einerseits eine Dramaturgie, die bestehende Ideen und Stylrichtungen mit eigenen originalen Perspektiven und Texten fortführt; andererseits die fortschreitende „Entleerung“ des theatralischen Raums auf der Suche nach dem Wesentlichen und Symbolischen, damit die Darsteller und einige wenige Effekt – für die Performance gezielt geschaffen – die tatsächliche Erzählung auf der Bühne übernehmen können.
RENZO ROSSO
Renzo Rosso war Geiger, Philosoph, Journalist, Dramaturg, Drehbuchautor. Geboren in Triest, wurde er von der mitteleuropäischen Kultur, die diese Stadt immer stark geprägt hat, von Anfang an beeinflußt. Das zeigt ganz deutlich sein raffinierter, schlichter und besonders ironischer Schreibstyl, der unmittelbar an berühmte Namen, etwa Dürrenmatt und Schnitzler, erinnert.
Durch die scharfe Klinge seiner Erzählung werden die Schwäche, die Heucheleien und Egoismen des kleinbürgerlichen Alltags und jeder Versuch, sein Spießbürgertum durch eine angeblich äußerliche Perfektion zu vertuschten, entblößt.
In Romanen wie „L´adescamento“ oder „Il trono della bestia“ („Die Anlockung“ oder „Der Thron der Bestie“ Anm.d.Ü.) schreibt Renzo Rosso über den Krieg und die Korruption, auch in Bezug auf die Kirche; in seinen Theaterstücken erzählt und verhöhnt er eher die Mittelmäßigkeit der kleinbürgerlichen Gesellschaft, schonungslos und ohne Psychologismen: die Wahrheit durch schärfste Ironie entkleidet. Vittorio Gassmann liebte seine Arbeit sehr, obwohl es ihm nie gelang, eines seiner Stücke („Il Copione“ – „Das Drehbuch“) auf die Bühne zu bringen. Renzo Rosso arbeitete auch als Drehbuchautor für das Fernsehen.
Weil Renzo Rosso nie der beste self-promoter („ein Bär in seinem Käfig, und glücklich damit“) war, wurde er - trotz der großen Wertschätzung – auch nie einem breiten Publikum wirklich bekannt. Seine Texte bleiben jedoch unheimlich aktuell und zeitlos.